„Hungern bis ihr ehrlich seid“ Kampagne in Berlin
Ärztin: Wolfang Metzeler-Kick nach 30 Tagen Hungerstreik in kritischem Zustand
Der 49-jährige Ingenieur Wolfgang Metzeler-Kick ist seit 4 Wochen vor dem Bundeskanzleramt im Hungerstreik.
Wolfgang Metzeler-Kick aus München befindet sich bereits seit vier Wochen im Hungerstreik. Richard Cluse aus Potsdam schloss sich am 25. März dem Hungerstreik an. Die beiden hungern öffentlich im Klimacamp im Spreebogenpark in Berlin, in Sichtweite zum Bundeskanzler:innenamt.
Die Kampagne “Hungern bis ihr ehrlich seid” fordert von “Klima-Kanzler” Scholz Ehrlichkeit zur Klimakatastrophe und von der Regierung ein radikales Umsteuern in der Klimapolitik. Als letztes Protestmittel setzt die Kampagne auf einen Hungerstreik, der am 7. März von Wolfgang Metzeler-Kick begonnen wurde. Die bisher von Kanzler Scholz unbeantwortete Forderung wurde dem Kanzleramt am 7. März als Brief von Richard Cluse persönlich übergeben. “Wir haben dem Kanzler einen Brief geschrieben, in dem wir unsere Motivation, unsere Forderung und unser weiteres Vorgehen erklärt haben.” erklärt Cluse. Bislang hat sich Klima-Kanzler Scholz nicht zu den Forderungen geäußert.
Die Kampagne “Hungern bis ihr ehrlich seid” gab auf einer Pressekonferenz vom 5. April 2024 Einblicke in den Verlauf des Hungerstreiks. Das Protestbündnis fordert von Kanzler Scholz Ehrlichkeit zur Drastik der Bedrohung durch die Klimakatastrophe und den jetzt zu ergreifenden Schritten, um die schlimmsten Folgen abzumildern.

Eine Gruppe von medizinisch tätigen Menschen begleitet die Hungerstreikenden und versucht, in ihrer Freizeit einen täglichen medizinischen Support zu gewährleisten. Die Sprecherin des medizinischen Support-Teams, Dr. Susanne Koch, äußerte am Freitag, dass vor allem der gesundheitliche Zustand von Herrn Metzeler-Kick der Gruppe Sorgen bereite. Seine Verfassung sei als kritisch zu bewerten, da aufgrund der schon jetzt bestehenden Hungerphase von 30 Tagen, der gesundheitliche Zustand jederzeit kippen könnte. Eine zeitnahe Kontaktaufnahme von Seiten des Bundeskanzleramtes mit den Hungerstreikenden wäre aus Sicht der medizinischen Support Gruppe daher sehr wünschenswert. “Generell wollen politisch motivierte Hungerstreikende und so auch Herr Metzeler und Herr Cluse im Rahmen ihres Hungerstreiks nicht sterben”, so Koch weiter, sondern sie gingen diese gesundheitlichen Risiken ganz bewusst ein, um Aufmerksamkeit zu erreichen und politische Forderungen durchzusetzen: “Wir haben jetzt schon zu viel CO2 in der Luft! CO2-Entnahme und Endlagerung ist jetzt schon in gigantischem Ausmaß nötig – und die krachende Zielverfehlung der Bundesregierung macht diese Katastrophe nur noch schlimmer!”, sagt Metzeler-Kick, “Ich hungere für die Ehrlichkeit und ich bin bereit zu sterben, damit die Wahrheit endlich ans Licht kommt.”
Das Umweltbundesamt und der Sachverständigenrat für Umweltfragen bestätigen die Forderungen nach einer CO2-Reduktion. Laut einer Veröffentlichung vom 25. März ist das CO2-Budget Deutschlands bereits seit Anfang 2023 aufgebraucht. [1]
Am 24. März war Wolfgang Metzeler-Kick zum 3. Jahrestag des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz zur Mahnwache in Karlsruhe vor dem Bundesfassungsgericht.

Im Beschluss vom 24. März 2021 erklärte das Bundesverfassungsgericht das “1,5-Grad-Ziel” des Pariser Klimaabkommens für verbindlich und stellte klar, dass der Klimaschutz entsprechend Artikel 20a GG Verfassungsrang hat. Es wurde höchstrichterlich festgestellt, dass die damalige Gesetzgebung zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens nicht ausreichend war und dem Gesetzgeber wurde eine starke Beschleunigung der Klimapolitik aufgetragen.
Experten sehen den Beschluss durch die Politik jedoch bis heute missachtet [1]. Die “Klimaziele” wurden angepasst (Klimaneutralität bis 2045 statt 2050), eine gesetzliche Umsetzung einer wirksamen Klimapolitik erfolgt bislang nicht. Zuletzt wurden die verpflichtenden “Sektorenziele” im Klimaschutzgesetz ersatzlos gestrichen und die notwendigen Sofortprogramme zur Reduktion der Emissionen entfielen [2]. Die Empfehlungen des Expertenrats werden ignoriert [3].
“Hungern bis ihr ehrlich seid” fordert den Bundeskanzler auf, die folgenden einfachen Wahrheiten in einer Regierungserklärung auszusprechen:
1. Das Überleben der Menschheit ist durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet.
2. Der CO2-Gehalt in der Luft ist viel zu hoch (0,42‰). Der Weltklimarat zeigt einen Weg (SSP1-1.9 “1,5°-Pfad”), mit dem die Menschheit die beste Überlebenschance hat.
3. Dieser Pfad hat einen Zielwert von 0,35‰ (bis zum Jahr 2150). Das bedeutet, es sind bereits jetzt hunderte Gigatonnen zu viel CO2 in der Luft.
4. Wir müssen jetzt, wenn auch mit Jahren Verspätung, radikal umsteuern. Der renommierte Klimawissenschaftler Prof. Schellnhuber bestätigt die Richtigkeit der Forderung [4].
“Die Regierung beugt sich den Interessen der Lobbyisten, insbesondere aus der fossilen Industrie. Das steht im klaren Gegensatz zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und zum Amtseid, den Olaf Scholz geleistet hat”, sagt Richard Cluse, Sprecher der Kampagne. Er kündigt an: “Ich werde am 25. März ebenfalls in den Hungerstreik treten.”

Die Kampagne veranstaltet ein Klimacamp, das seit dem 25. März im Spreebogenpark in Berlin in unmittelbarer Nähe zum Bundeskanzleramtes stattfindet. Dort wird mit einem täglichen Programm zu verschiedenen klimarelevanten Themen und zur Kampagne informiert. In Austauschräumen gibt es für Bürger:innen die Möglichkeit, über die Themen zu diskutieren.