Doppelausstellung zeigt Werke von Waltraud Kniss
Bilder der „Karlsruher Realistin“ werden im Kunstfachwerk N6 und bei den Heimatfreunde Grötzingen gezeigt
Waltraud Kniss gehörte zu der sechsköpfigen Künstlergruppe der „Karlsruher Realisten“, die sich Anfang der 1970er Jahre gründete und etliche Ausstellungen gemeinsam bestritt. Waltraud Kniss ist das letzte noch lebende Mitglied, das von den Umbrüchen und Neuorientierungen dieser Zeit, von der Rückbesinnung auf die realistische Malweise berichten kann. Die „Karlsruher Realisten“ gehören ausweislich ihres Gruppennamens zu dieser Richtung, die sich kritisch mit der gesellschaftlichen Gesamtsituation und der Tagespolitik auch und gerade in Karlsruhe auseinandersetzten. Im Juni 2023 feierte Waltraud Kniss ihren 90. Geburtstag. Nun zeigt sie ihre Werke gleich an zwei Orten. Beide Ausstellungen werden durch das Kulturamt der Stadt Karlsruhe ermöglicht und finanziert.
Grafik und Malerei aus acht Jahrzehnten
Die Doppelausstellung „Waltraud Kniss. Grafik und Malerei aus acht Jahrzehnten“ liefert im Kunstfachwerk N6 und den Räumlichkeiten der Heimatfreunde Grötzingen reiches Anschauungsmaterial: Sie setzt sich mit den „Malweibern“ malerisch ebenso auseinander, wie mit dem Kunstbetrieb im Allgemeinen. Insbesondere aber lässt sich ihr wacher Blick auf ihre Umgebung, auf unterschiedliche Interieurs, auf die Grötzinger Landschaft bis in den Schwarzwald hinein an Gemälden seit ihrer Kinder- und Jugendzeit nachvollziehen. Hinzu kommen ihre Auseinandersetzung mit Opern sowie Portraits von Freunden und Familienmitgliedern. Außerdem rückt Kniss immer wieder Situatives, alltägliche Momente und scheinbar banale Szenen ins Licht, wie beispielsweise das „Tässchen Kaffee“, bei dem es sich um ein Selbstportrait handelt. Die Perspektive, aus der sie auf die jeweilige Szenerie blickt, ist oft ungewöhnlich, weil aus der extremen Nahsicht dargestellt oder weil sie, wie beim Gemälde „Die Autobahn“, den Blick zunächst auf den Tisch lenkt, der über die Hälfte des Bildes einnimmt, über dessen Tischkante der Sohn gerade eben zu blicken vermag. Titel und Motiv klaffen auseinander, was den Reiz etlicher ihrer Bilder ausmacht.
Informationen zu den Ausstellungen
Waltraud Kniss. Grafik und Malerei aus 8 Jahrzehnten.
19. Januar bis 25. Februar 2024, Kunstfachwerk N6, Niddastraße und Heimatfreunde Grötzingen, Schultheiß-Kiefer-Str. 6.
Vernissage am 19. Januar um 19 Uhr. Geöffnet ist sonntags von 14 bis 18 Uhr.
Das Leben der Künstlerin
Waltraud Kniss, geboren 1933 in Karlsruhe, blickt auf ein bewegtes Leben, nicht nur im künstlerischen Bereich zurück. In einer Zeit, in der die „drei Ks“ – Kinder, Küche, Kirche – für viele Frauen noch gelebte Realität waren, konnte sie mit Unterstützung ihres Umfelds ihren künstlerischen Neigungen nachgehen. Ihr Studium der freien Malerei absolvierte sie an der Karlsruher Kunstakademie, studierte zudem auf Grundschullehramt an der PH und unterrichtete bis zur Geburt ihres Sohnes in einer kleinen nordbadischen Gemeinde. Nach verschiedenen Stationen in Ost- und Westdeutschland kehrte Kniss1957 zum Studium nach Karlsruhe zurück. Kniss‘ Grafiken und Gemälde erzählen lebhaft davon, dass sie sich mit ihren Gemälden gegen die Mehrheitsgesellschaft stellte, dass sie mit den Mitteln der Kunst mal wütend, meist aber heiter und mit einem Augenzwinkern gegen die Realität einer ungleichen Behandlung von Mann und Frau aufbegehrte.